Mit agilen Projekten Kunden individuell erreichen

25.03.2019

Früher hieß es „Wie findet ihr unser Produkt?“, heute fragt man eher „Wie wollt ihr es?“. Doch wie erreicht man das perfekt auf den Kunden angepasste Produkt, die sogenannte Customization, ohne den finanziellen Rahmen in der Entwicklung zu sprengen? Anders gefragt: Wie gelingt die Anpassung eines Serienprodukts an die Bedürfnisse nicht nur eines, sondern jedes Kunden?

Diese Frage stellen sich nicht mehr nur Produzenten von Luxusartikeln, sondern auch Banken und Versicherungen genauso wie Sanitärfachbetriebe, Maschinenbau-Unternehmen oder Bildungseinrichtungen.

Agilität ist das Stichwort, das uns einen Weg zur fortschreitenden Individualisierung zeigt. Unternehmen müssen Teams befähigen schnell und flexibel auf Signale zu reagieren, die sie direkt vom Kunden erhalten. Dabei kann der „Kunde“ auch der Vertriebler im Nachbarbüro oder die nachgeschaltete Abteilung sein. Es gilt den richtigen Nutzer meiner Arbeit zu finden und ihn danach zu fragen, was er braucht.

Wie entwickelt man bedarfsgerechte Dienstleistungen und Produkte?

Agiles Arbeiten mit Scrum und Kanban-Boards kann der passende Weg sein oder ein interdisziplinäres Design Thinking Team, das innovative Ideen ins Unternehmen spült. So spricht Bosch-Vorstand Uwe Raschke im Gespräch mit der FAZ über Design Thinking von einer „Goldgräberphase für innovative Ideen“ und zieht drei Lehren aus den neuen Methoden: 1. Je unterschiedlicher die Menschen im Team sind, umso bessere Lösungen werden erarbeitet. 2. Prototyping ermöglicht es, Ideen früh mit den Kunden zu testen. 3. Frei gestaltbare Räume beeinflussen die Kreativität. Bei Bosch werden daher cross-funktionale Organisationsformen zunehmen.

Konkret kann eine agile Vorgehensweise mit Scrum so aussehen: Quer durch die verschiedenen Funktionen wird ein Projekt vorgestellt und wer sich inspiriert oder berufen fühlt, meldet sich freiwillig, um daran zu arbeiten. Ein auf diese Art zusammengestelltes Team trifft sich nun wöchentlich und geht zu Beginn daran, unter inhaltlicher Leitung des Product Owners, das Projekt in handliche Teilprojekte zu gliedern und diese in Stories (immer aus der Sicht des Kunden bzw. Nutzers) herunter zu brechen. Die Stories werden nach Aufwand bewertet (das sogenannte SCRUM-Pokern erfordert zu Anfang etwas Übung) und priorisiert. Ein WIP-Limit (WIP = Work in progress) wird festgelegt, welches vorgibt wie viele Stories pro Woche im Team bearbeitet werden dürfen.

Die Meetings finden unter der Leitung des SCRUM-Masters und im Beisein des Product Owners statt, der das Wissen zu dem Geschäftsfall hat. In kurzen Zyklen werden auf diese Weise große Themen griffig bearbeitet. Nur wohin mit den Ergebnissen? In der Zeit zwischen den Meetings gilt es unter anderem Rückmeldungen der Nutzer einzuholen, um die Ideen zu testen und das Vorgehen auf den Prüfstand zu stellen.

Parallel zu der operativ tätigen Ebene finden auf der taktischen Ebene regelmäßige Meetings statt, in denen die Product Owner den Fortschritt ihrer Projekte zeigen und die Führungsebene aus strategischer Sicht schaut, ob die Projekte gut verzahnt sind und in die richtige Richtung zielen.

Der Vorteil zur herkömmlichen Projektarbeit ist das Aufbrechen von Silos, das enge Kommunizieren der verschiedenen Bereiche und das Nutzen von breiterem Wissen. Die Intelligenz der Organisation ist deutlich höher als die des Einzelnen. Die vertikale und horizontale Verzahnung hilft dabei diesen Schatz zu heben und gewinnbringend in das Unternehmen zurück zu spielen.

Und der Kunde bzw. Nutzer wird von Anfang an mitgenommen. Er - oder sie - kann sich einbringen und aktiv an der Gestaltung des eigens für ihn zugeschnittenen Produktes mitarbeiten. Da in der großen Mehrzahl der Fälle ein Nutzer stellvertretend für eine Kundengruppe steht, könnte man auch von Customization in der Kleinserie sprechen. Probieren Sie es aus!

Autorin: Rike Ullenbaum