Eine Resonanzgruppe ist eine gute Methode, um eine Organisation mit sich selbst ins Gespräch zu bringen. Sie nimmt die Resonanzen der Organisation, wie verdeckte Themen oder hinderliche Muster, auf, filtert und bearbeite sie und gibt sie als Empfehlung oder Handlungsoption an die Organisation zurück. Immer mit der Absicht, ein vorgegebenes Businessziel erreichen zu können.
Denn allzu oft scheitern Veränderungsprozesse in Unternehmen an den Widerständen ihrer Organisationsmitglieder. Oft wirken diese Widerstände unbewusst und im Verborgenen. Manchmal sind sie auch bekannt, nur nicht bei der oberen Führungsebene. All das wird in einer Resonanzgruppe besprechbar gemacht.
Die Resonanzgruppe als Mini-Format eines Unternehmens
Eine Resonanzgruppe besteht aus einem repräsentativen Querschnitt der Organisation. Vertreten sind einerseits alle Hierarchieebenen, andererseits auch alle Funktionen und Bereiche eines Unternehmens. Ausgewählt werden die Mitarbeiter querschnittsorientiert, so dass sie unterschiedliche Sichtweisen und Blickwinkel mitbringen. Dabei sind nicht nur die High potentials, sondern auch „Querköppe“, Leute, die eine andere Meinung haben, die nicht immer einfach sind im Umgang. So ist eine hohe Diversität vorhanden. Dies kann auch Nachteile haben, weil dadurch die Zusammenarbeit erstmal schwieriger ist. Die Grundidee einer Resonanzgruppe ist es, mit der Gruppe ein möglichst ähnliches Bild abzubilden, wie jenes, das im Betrieb herrscht.
Die Aufgabe der Resonanzgruppe ist es, betriebliche Themen aufzugreifen, zu bearbeiten und ein Businessziel, das ein Unternehmen definiert hat, schneller umzusetzen. Dabei hat sie vor allem einen beratenden und aufdeckenden Charakter, weniger einen umsetzenden oder operativ tätigen. Dies ist gleichzeitig die Herausforderung einer Resonanzgruppe. Sie muss zwischen den Polen „beratend“ und „umsetzend-operativ tätig“ eine Balance finden.
Vertrauen als Grundlage für das Gelingen einer Resonanzgruppe
Damit eine Resonanzgruppe erfolgreich ist, muss ein hohes Vertrauen unter den Teilnehmenden vorhanden sein, insbesondere in Richtung des Top-Managements. Aber auch umgekehrt. Es geht darum, hinderliche Muster aufzudecken, die ein Weiterkommen in schwierigen Situationen verhindert oder behindert haben. Das, was besprochen wird, darf nicht zum Nachteil für denjenigen werden, der dasitzt, beziehungsweise für denjenigen, der Gesprächsthema ist. Da braucht man eine hohe Vertrauenskultur, die in der Resonanzgruppe erarbeitet werden muss.
Die Führungskraft, die Teil der Resonanzgruppe ist, sollte bestenfalls eine mehrtägige systemische Weiterbildung absolviert haben oder eine gruppendynamische. Beides ist von Vorteil, weil es an ganz vielen Stellen darum geht, in Organisationen andere Formen der Zusammenarbeit zu etablieren. Die Resonanzgruppe ist ein Instrument, das die Organisation empowert. Die Verantwortung wird auf viele Schultern verteilt, weil alle Ebenen der Organisation aufgefordert sind, an der Problemlösung mitzuwirken. Insbesondere an anspruchsvollen Problemlösungen. Das ist oft eine andere Vorgehensweise, als die, die man im Unternehmen bereits kennt, bei der sehr arbeitsteilig an Problemstellungen gearbeitet wird.
Der Ablauf einer Resonanzgruppe
Die Resonanzgruppe trifft sich einmal im Monat für ca. acht Stunden. Diese Treffen werden von Externen moderiert. Idealerweise von einer systemischen Beraterin oder Berater. Diese bringen das Knowhow mit, auf die Narrative, die Muster der Organisation zu schauen und das mit Fachthemen zu verbinden. Denn es geht nicht nur darum einen Projektplan zu erstellen, sondern zu gucken, welche Verhaltensanpassungen/-änderungen, welche Lernerfolge braucht eine Organisation, um ein Projekt auch erfolgreich umzusetzen. An der Stelle haken systemisch Beratende ein wenig ein und machen Themen sprachfähig, die vielleicht bisher noch nicht gesehen oder nicht besprochen werden konnten.
Die Themenauswahl findet durch die Teilnehmenden in jedem Resonanzgruppentreffen immer wieder neu statt. Die Auswahl der Themen orientiert sich an der Ausgangsfragestellung oder an den Zielen, die sich ein Betrieb gegeben hat. Das ist in der Regel ein Businessziel und könnte lauten: „Wir wollen den Umsatz in einem bestimmten Segment um x Prozent erhöhen!“ oder „Wir wollen die Durchlauflaufzeiten und die Liefertreue unseres Unternehmens um x Prozent erhöhen!“
Wenn ein Thema in ein Resonanzgruppentreffen mitgebracht wird, dann immer unter der Fragestellung „Inwieweit würde das Thema, das ich einbringe, das Businessziel unterstützen?“.
Es gibt einen Graphen, auf dem die Themen angeheftet werden. Eine Koordinate lautet „Wie schätzt der Themeneinbringer die Bearbeitung des Themas auf einer Skala von einfach bis komplex ein?“. Die zweite Dimension ist, „Wie hoch schätzt der Autor des Themas den Beitrag zur Zielerreichung von niedrig bis sehr hoch ein?“. Wenn alle Karten für den Tag gepinnt wurden, findet eine gemeinsame Selektion des Themas statt. In der Regel werden ein bis zwei Themen pro Treffen bearbeitet, mit dem Ziel zu analysieren, was möglicherweise ein Problem hinter dem Thema sein könnte. Manchmal kommt man an dem Tag zu einer Lösungsentwicklung, manchmal aber auch nicht.
Ganz offiziell ist die Resonanzgruppe ein Beratungsgremium. Während man über die Themen spricht, entstehen aber oft schon Vorentscheidungen, so dass am Ende eine Resonanzgruppe auch einen Entscheidungscharakter hat, besonders wenn die Führungskraft anwesend ist. Die Hierarchie wird jedoch nicht ausgehebelt. Wenn Entscheidungen entstehen, die nicht anwesende Leute betreffen oder die für diese Themen verantwortlich sind, dann werden diese mit ins Boot geholt. Sie können sich dann auch gegen den Rat einer Resonanzgruppe aussprechen, beziehungsweise Entscheidungen nicht umsetzen.
Die Themen erstrecken sich von kleinen Nerv-Themen wie „In der Küche ist es immer so dreckig“ bis hin zu „Wie schaffen wir es, ein anspruchsvolles Produkt zu produzieren, bei dem wir heute noch Schwierigkeiten haben, das mit unseren Anlagen hinzukriegen?“ Manchmal müssen auch erst die kleinen Themen abgearbeitet werden.
Das Ende einer Resonanzgruppe kommt in dem Moment, wo das Businessziel erreicht wurde. Da das Businessziel anspruchsvoll sein soll und nicht etwas, das einen Projektcharakter hat, kann man davon ausgehen, dass eine Resonanzgruppe zwei bis drei Jahre zusammenkommt und gemeinsam arbeitet. Es ist gut, die Gruppenkonstellation konstant zu halten. Die Gruppe lebt davon, dass sie in einem längeren Zeitraum viel Vertraulichkeit und eine hohe Arbeitsfähigkeit erzeugt hat.
Der Nutzen einer Resonanzgruppe
Mit der Einführung einer Resonanzgruppe steigt die Entscheidungsqualität in Unternehmen. Aus Organisationsentwicklungssicht kann man ganz klar sagen, dass nicht nur bei den Leuten, die in der Gruppe anwesend sind, sondern auch bei den Leuten, die durch die Anwesenden vertreten werden, ein neuer Geist in der Organisation etabliert wird. Der Geist einer noch stärker mitdenkenden Mannschaft, weil diese integriert wird. Insbesondere diejenigen, die fachliches Knowhow haben, werden stärker integriert. Und auch jene, die in der Hierarchie relativ weit unten sind, aber trotzdem ganz viel erleben und sehen.
Und es hat einen Effekt, wenn die Mitarbeitenden beobachten können, dass die Führung bereit ist, Entscheidungen nicht nur unter den Top-Führungskräften zu fällen, sondern durch die Resonanzgruppe hindurch gemeinsam zu denken und zu hören. So verändert sich langfristig die Haltung der Mitarbeitenden zum Unternehmen: Die Resonanzgruppe fördert eine hohe Identität der Mitarbeitenden mit dem Unternehmen. Sie sind jetzt nicht mehr nur diejenigen, denen man Aufgaben delegiert, die sie abarbeiten sollen, sondern sie sind angeregt, stärker mitzudenken und Verantwortung zu übernehmen. Und sie wollen wirklich Verantwortung übernehmen. Das ist in diesem institutionalisierten Rahmen sehr gut möglich. Und das ist kein Zufallsprodukt. Die Mitglieder einer Organisation realisieren, dass es angestrebt wird, mehr Leute in eine verantwortungsvolle, mitdenkende Mannschaft zu entwickeln.
Wenn man jetzt an große Veränderungsprojekte denkt, die vielleicht auch mit Einschnitten verbunden sind und Veränderungen, die nicht leicht handelbar sind für alle Beteiligten im Unternehmen, dann kann man sich mit der Resonanzgruppe sicher sein, dass diese Themen in der Resonanzgruppe identifiziert und bearbeitbar werden. Der Widerstand für Veränderungsprojekte wird reduziert.
Während bei der Resonanzgruppe die Unterstützung eines konkreten Businessziels im Vordergrund steht, geschieht auf einer zweiten Ebene aber noch mehr: Die Organisation lernt nachhaltig Probleme schneller zu bearbeiten, anders auf Probleme zu schauen, reflektierter zu sein und damit langfristig auch zukunftsfähiger. Die Problemlösekompetenz wird erhöht.
Insgesamt unterstützt die Resonanzgruppe die kontinuierliche Weiterentwicklung eines Unternehmens.
Autorin: Sabine Kröhn
Zum Thema Resonanzgruppe gibt es einen weiteren Artikel im Blog: "Wertschätzende Kommunikation statt Meckerkultur"
Neugierig auf mehr? In unserer Weiterbildung Systemische Organisationsentwicklung gehen wir tiefer ins Detail und bieten Ihnen praktische Lösungsansätze. Jetzt informieren und teilnehmen!