Als Führungskraft für Entlastung sorgen
Was wäre, wenn man Führung in Funktionen denken würde, statt ausschließlich als Aufgabe von Führungskräften?
Einen nicht unerheblichen Teil ihrer Arbeitszeit setzen Führungskräfte für das Lösen von Problemen ein. Sie beruhigen die Banken und Investoren, wenn sich das Unternehmen in einer schwierigen Lage befindet. Sie führen Feedback-Gespräche mit Mitarbeiter:innen. Sie treffen weitreichende Personalentscheidungen. Sie halten Erwartungen anderer Kollegen oder anderer Abteilungen fern, wenn diese nicht sinnvoll oder leistbar sind.
Und wofür das alles? Um für Entlastung bei den Mitarbeitenden zu sorgen. Wüsste jeder alles oder zumindest sehr vieles, wäre man als Mitarbeiter:in ständig mit der Frage beschäftigt, ob und wie man zur Problemlösung beitragen sollte. Sich auf die eigene Kernaufgabe zu konzentrieren, wäre viel anspruchsvoller.
Als Problemabsorbierer ermöglichen Führungskräfte Anderen sich besser auf das Wesentliche zu konzentrieren. Natürlich geht damit einher, nicht jede Information weiterzugeben. Das widerspricht der Vorstellung von hoher Transparenz, die gerade von Vertretern agiler Organisationsdesigns gefordert werden.
In unserer Beratungspraxis beobachten wir nicht selten, wie neue Organisationsdesigns gehypt werden, ohne die Folgeprobleme, zum Beispiel die Entlastungsfunktion durch den Vorgesetzten mit zu berücksichtigen.
Ein gemeinsam erarbeitetes Bild, wer was wann wissen sollte und wer was auch nicht, ermöglicht das Thema Transparenz/Intransprenz bewusst zu entscheiden. Transparenz ist in vielen Kontexten wünschenswert, in manchen hinderlich bis schädlich. Darüber muss man -ohne zu moralisieren- sprechen können, aber nicht zu oft und nicht zu viel.
Bewusst entschiedene Zonen von Intransparenz wirken entlastend, sollten aber nur sparsam thematisiert werden. Denn jede Thematisierung erzeugt Aufmerksamkeit, bildet einen Raum für Hypothesen, was wohl alles gerade nicht in die Kommunikation gebracht wird, und bewirkt in Folge „Belastung“. Festgelegte Besprechungsrhythmen, z.B. einmal pro Jahr, helfen, diese Paradoxie (über das Intransparente zu sprechen und damit Transparenz herzustellen) zu managen.