Strategie muss sein. Das übergeordnete Ziel, die Vision, die Mission, die Marschrichtung oder wie immer man es nennen will, sollte bekannt sein, damit das eigene Handeln nicht im luftleeren Raum stattfindet und der Überblick verloren geht.
Doch jede noch so gut ausgearbeitete Strategie hat auch ihre blinden Flecken. Und um nicht in die Fallen dieser blinden Flecken zu tappen, sollten die Risiken und Nebenwirkungen von Strategiearbeit bekannt sein.
Beipackzettel für Strategiearbeit
Strategie hat vier wesentliche Eigenschaften[1]: Sie gibt die Richtung vor, bündelt Aktivitäten, definiert die Organisation und sorgt für Beständigkeit. Jede dieser vier Eigenschaften ist für sich genommen erst einmal gut, kann aber bei zu starrer Anwendung in ein negatives Extrem kippen und die Organisation damit in ihrem Vorankommen behindern. Schauen wir uns also die vier Eigenschaften im Detail an.
Wie gesagt, gibt eine Strategie die Richtung vor, in die es im Unternehmen gehen soll. Jede Festlegung auf ein Ziel schließt zugleich andere Richtungen aus. Das ist erst mal nicht weiter schlimm, denn werden zu viele Wege auf einmal eingeschlagen, verzettelt sich die Organisation und es geht an keiner Stelle mehr richtig weiter. Ausschluss muss also sein. Eine zu starre Festlegung jedoch setzt einer Organisation Scheuklappen auf. Andere mögliche Wege werden gar nicht mehr wahrgenommen und es geschieht zu wenig Modifikation. Die Organisation kann nicht mehr flexibel genug auf Veränderungen reagieren, weil sie stur am einmal eingeschlagenen Weg festhält.
Die Koordination von Aktivitäten, die sich an der Strategie ausrichten sollen, ist schlichtweg Chaosprävention. Über Kommunikation werden das Verhalten und die Aktivitäten in der Organisation gesteuert und alle Mitwirkenden auf die vorgegebene Strategie ausgerichtet. Durch stetige Wiederholung festigen sich die Routinen und Muster nach denen gehandelt wird und ein reibungsloser Betriebsablauf ist möglich. Dabei entsteht automatisch auch ein Gruppendenken. Und genau hier lauert die nächste Falle. Zuviel Gruppendenken verhindert alternative Sichtweisen. Denken alle in der Organisation nur noch gleichgeschaltet, haben alternative Sichtweisen und damit mögliche Anpassungsleistungen an Veränderungen im Außen keine Chance gehört zu werden.
Strategie wirkt identitätsbildend. Durch die Definition dessen, wer oder was die eigene Organisation ist, unterscheidet sie sich von anderen Organisationen. Durch kurze Slogans oder Vision Statements transportiert die Organisation ihr Selbstbild nach außen. Definiert sich eine Organisation jedoch zu deutlich, verfällt sie in Stereotypen und wird damit unterkomplex. Ein „Wir machen das hier immer so“ oder „Wir wissen, was unsere Kunden brauchen“ wird nur am Selbstbild ausgerichtet und übersieht unter Umständen die wirklichen Bedürfnisse der Kunden und wird ihnen nicht mehr gerecht.
Eine klare Strategie sorgt für Beständigkeit. Sie reduziert Ungewissheit und erleichtert somit das Handeln jedes Einzelnen, denn jeder kann sich in seinem Tun an der Strategie orientieren. Gleichzeitig kann die Strategie zur Last werden, wenn sich die Umgebung ändert und aufgrund eines Festhaltens an der Strategie das Handeln unflexibel ist und die Veränderung nicht berücksichtigen kann.
Regelmäßige Reflexion muss sein
Um die Risiken in der Strategiearbeit klein zu halten, muss man sich dieser Nebenwirkungen erst einmal bewusst sein. Dann kann man sie in der strategischen Ausrichtung mitdenken. Raum für Reflexion und Veränderungskompetenz muss in eine wirkungsvolle Strategiearbeit mit eingebaut sein. Das ist zum Beispiel durch regelmäßige Team- und Strategiemeetings mögliche. Klar, das kostet Zeit und Energie, ist aber unabdingbar, um die positive Kraft von Strategiearbeit voll und ganz nutzen zu können.
[1] Vgl. Henry Mintzberg „Strategy Safari: Der Wegweiser durch den Dschungel des strategischen Managements“, 2012, FinanzBuch Verlag
Autorin: Dorothee Dickmann